Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

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Irexis
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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Irexis » Freitag 4. November 2011, 10:34

Ich hab hier noch ein gutes Beispiel aus meinem Bekanntenkreis wie sowas funktioniert.
Meine Nachbarin, eigentlich ein cleveres Mädchen, letztens, folgende Unterhaltung entstanden durch die Disussion über Globuli.

Ich: Zuckerperlen,Placebo, reine Geldmacherei!
sie: Na aber irgendwas muss ja dran sein, immerhin gibts es ja Beweise das es auch bei Tieren hilft! (häufiges Argument der Zuckerperlenmafia)
Ich: Ach?
Sie: Ja, wenn mein Kater wieder so schlimm hustet, geb ich ihm ja auch von den Zwiebelglobuli und spätestens nach zwei Tagen ist der Husten weg.
Ich: Hast du die Globuli denn auch mal weggelassen, um zu sehen ob der Husten nicht auch von alleine verschwindet?
sie: Nee, noch nicht.
Ich bat sie darauf hin, das sie, wenn Katerchen wieder hustet, die Globuli weglässt. Sie hat zwar gesagt das sie es tun wird, aber ich glaube nicht das sie das wirklich tut. Ihre Angst, das es dem Katerchen vielleicht ohne Zuckerperlen schlechter gehen wird, ist größer, als ihr Verstand.

Indigokind hat geschrieben:Ich glaube wir sind uns so ziemlich alle einig, dass auch im Esobereich das Prinzip von Angebot und Nachfrage herrscht -
nur verurteilen die einen von uns eher die Anbieter während andere eher die Nachfragenden aufs Korn nehmen. Ich vertrete das Prinzip der Eigenverantwortung und das schließt für mich zumindest bei mündigen Bürgern mit ein, dass man sich selbständig informiert und seinen Verstand gebraucht. Ein Rückgang der Nachfrage würde den florierenden Esomarkt schnell zum austrocknen bringen - leider habe ich das Gefühl dass es eher eine gegenläufige Entwicklung gibt: In der westlichen Welt trennen sich die Leute zwar von traditionellen Wahnvorstellungen (aka Religionen), um sich dann aber aus allen möglichen absurden (und teuren) Zutaten ihren eigenen Esoterikeintopf zusammenzubrauen. Mir macht das ehrlich gesagt große Sorgen und es deprimiert mich, dass das Zeitalter der Aufklärung offensichtlich eine historische Episode bleiben wird.
Der Fluch des Internets. Hier kann jeder seinen Müll frei verbreiten. Früher war die Esoszene eine fast in sich geschlossene Welt. Heute verbreitet sie sich wie die Pest :(
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Indigokind
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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Indigokind » Freitag 4. November 2011, 11:25

@Irexis:

Eine derartige unerfreuliche Diskussion hatte ich kürzlich auch:

Homöo-Deppin: Ich gebe meinen Kindern seit ihrer Geburt immer Homöopathie und sie waren noch nie ernsthaft krank.
Ich: Das beweißt aber nur, dass Homöpathie nicht schadet, nicht dass sie nutzt - hast du schonmal ausprobiert ob
deine Kinder auch ohne Globuli gesund bleiben?
Homöo-Deppin: Das will ich nicht riskieren.

Übrigens hat mir die Dame in selbigem Gespräch noch zugesagt, mir über Email einen Link zu den Ergebnissen einer Doppeblindstudie zu schicken (also einer Studie auf deren Ergebnisse weder die Erwartungshaltung der Patienten noch die der Studienleiter in irgendeiner Weise einen Einfluss haben kann) - ich brauche wohl nicht anzumerken, dass diese Mail irgendwo im äsotherischen Äther verlorengegangen sein muss - jedenfalls warte ich bis heute darauf :-D

Die meisten Homöpathieanhänger sind sich nicht bewusst dass es einen Unterschied zwischen Placebowirkung und medizinischer Wirkung gibt und setzen beides gleich. Eben hier könnte es helfen, wenn sich die Leute mal eingehender damit befassen würden und dabei auch die Bereitschaft mitbrächten sich notfalls von liebgewonnenen Glaubenssätzen zu trennen und sich einzugestehen, dass man sich selbst etwas vorgemacht hat.

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Morgenstund » Freitag 4. November 2011, 11:54

@Indigo
@Morgenstund: Ich bin Privatpatient und bedaure es sehr, dass es bei keiner privaten Kasse die Möglichkeit gibt auf den Esostuss zu verzichten. Allerdings ist es ja bei privaten Kassen auch so dass es eine Eigenbeteiligung gibt und dass sich die Kasse weigern kann unsinnige Behandlungen zu bezahlen (wenn man sich die Bewertungsportale anschaut kommt das wohl auch häufig genug vor, insbesondere bei teuren und ineffizienten Psychotherapien - und gerade in diesem schwer fassbaren Bereich liegt das Hauptbetätigungsfeld der meisten Esoschwaller).
Zwei Wochen vor ihrem Tod hat meine Mutter die Zahlungszusage für einen Schweizer Geisterheiler von ihrer PKV bekommen - als ich das entdeckt habe war ich fassungslos.

Die Vitaminkur (die Rechnung lautete auf über 2500 Euronen für irgenden einen Mist für die nächsten 4 Wochen, Nachbestellformular war dabei - ich habe ihn noch hier stehen) wurde auch übernommen - billigster Tinnef.

Wie gesagt, ich habe nicht nur einmal erlebt - und da stimme ich Iri absolut zu -, daß vor allem zum Ende hin die Menschen, weitab von jedem logischen, rationellen oder wie auch immer gearteten vernünftigen Denken nach jedem Strohhalm greifen. Das kann ich sogar irgendwie verstehen. Die, die das unterstützen und die, die das wohlwissend, daß sie nur Hokuspokus verkaufen, das sind in meinen Augen die, die in der Verantwortung zu nehmen sind. Egal, ob das jetzt nur ein geistig minderbemitteltes Wesen ist, das vielleicht selbst an den Mist glaubt, weil ihr irgendwelche Abzocker á la Hornauer, Jeet etc.pp. eingeredet haben "besondere Fähigkeiten zu haben" oder ob das wirklich Menschen sind die es besser wissen müssen - sie bereichern sich auf Kosten von verzweifelten Menschen, die alles tun und wahrscheinlich alles zahlen würden um nur den Funken einer Hoffnung zu haben.

Gut, meine Mutter (im speziellen Fall) gehörte schon zu dem esoangehauchten Kreis der 68 - und ich schlage heute noch dreimal das Kreuz, daß mein Vater alles getan hat, damit ich nicht auf die von ihr präferierte Walddorfschule mußte - aber ich denke, vor allem als ihr die Endgültigkeit ihrer Krankheit klar wurde, daß sie auch ohne eso-mäßig angehaucht zu sein, zu diesem Strohhalm gegriffen hätte, bei anderen Menschen habe ich das zumindest schon so erlebt.
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Das ist absolut richtig - wobei, auch ein Herr Mesmer hatte schon seine (in diesem Fall sehr gut betuchten) Anhänger, die von überall her anreisten um sich "magnetisieren" zu lassen.
Es soll auch Snake-Oil-Händler geben, deren Nachfahren nicht zuletzt dank der Tätigkeit des UrUrUrUrgroßvaters heute richtig reich sind (Rockefeller :mrgreen: )

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Indigokind » Freitag 4. November 2011, 13:04

Morgenstund hat geschrieben:
Wie gesagt, ich habe nicht nur einmal erlebt - und da stimme ich Iri absolut zu -, daß vor allem zum Ende hin die Menschen, weitab von jedem logischen, rationellen oder wie auch immer gearteten vernünftigen Denken nach jedem Strohhalm greifen. Das kann ich sogar irgendwie verstehen. Die, die das unterstützen und die, die das wohlwissend, daß sie nur Hokuspokus verkaufen, das sind in meinen Augen die, die in der Verantwortung zu nehmen sind.
Ja, da gebe ich dir Recht - in solchen Extremsituation muss man wirklich mildernde Umstände bei den Betroffen geltend machen. Wer weiß ob ich nicht selbst dereinst im Angesicht des Todes komplett durchdrehen werde? Nicht umsonst hat jede Religion eine Postmortem-Perspektive im Programm - das wurde erfunden weil der Verstand angesichts einer solch existenziellen Sauerei wie sie der Tod nunmal darstellt komplett versagt.

Also präzisiere ich das ein bisschen: Im normalen Alltag, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und in Abwesenheit existenziell bedrohlicher Lebenssituationen kann und muss man von einem Menschen erwarten, dass er nicht jeden Esomist glaubt und kauft.

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von herrengedeck » Freitag 4. November 2011, 15:42

Irexis hat geschrieben: ...
...
...
Für Iri: :blumen:
The truth is somewhere out there...

Bild Bild Bild Bild Bild

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Irexis » Freitag 4. November 2011, 21:25

Indi, würdest du deine Kinder verfluchen?

Ich bin ehrlich, ich würde nie jemanden verfluchen. So tief sitzt bei mir dieses Gruppengedächtnis, dieses Jahrtausende alte Mem.

@gedeckle:
Danke :oops:
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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Indigokind » Freitag 4. November 2011, 21:41

Irexis hat geschrieben:Indi, würdest du deine Kinder verfluchen?
Ihr habt bei dem geschickten Kniff Flieges etwas entscheidendes außer 8 gelassen: Die eigentliche Frage ist ob man seine Kinder in der Öffentlichkeit, also vor Zeugen verfluchen würde - das hat er zwar nicht explizit so gesagt, bringt aber die Situation implizit mit sich, da er die Frage vor Publikum gestellt hat.
Insofern lautet meine Antwort: Ich würde meine Kinder in der Öffentlichkeit nie verfluchen - aber weniger aus irgendeinem Restaberglauben heraus, sondern eher aus Scham, weil soetwas eben überhaupt nicht gut ankommen würde, insbesondere nicht wenn es dann noch die Kinder mitbekämen.
Ansonsten verfluche ich innerlich andauernd irgendwen - mich selbst eingeschlossen - und bislang ist dabei noch niemand ums Leben gekommen, oder hat Pusteln bekommen ;-)

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Irexis » Freitag 4. November 2011, 21:53

Indigokind hat geschrieben:
Irexis hat geschrieben:Indi, würdest du deine Kinder verfluchen?
Ihr habt bei dem geschickten Kniff Flieges etwas entscheidendes außer 8 gelassen: Die eigentliche Frage ist ob man seine Kinder in der Öffentlichkeit, also vor Zeugen verfluchen würde - das hat er zwar nicht explizit so gesagt, bringt aber die Situation implizit mit sich, da er die Frage vor Publikum gestellt hat.
Insofern lautet meine Antwort: Ich würde meine Kinder in der Öffentlichkeit nie verfluchen - aber weniger aus irgendeinem Restaberglauben heraus, sondern eher aus Scham, weil soetwas eben überhaupt nicht gut ankommen würde, insbesondere nicht wenn es dann noch die Kinder mitbekämen.
Ansonsten verfluche ich innerlich andauernd irgendwen - mich selbst eingeschlossen - und bislang ist dabei noch niemand ums Leben gekommen, oder hat Pusteln bekommen ;-)
Du umgehst meine Frage.
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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Indigokind » Freitag 4. November 2011, 22:03

Natürlich würde ich meine Kinder nicht verfluchen - schon alleine weil es keinen Grund gibt sie zu ihnen etwas böses zu wünschen (zumindest meistens nicht :-D )

Mir bricht auch kein Zacken aus der Krone wenn ich mir eingestehe dass ich meine Entscheidungen auch nicht immer nach den Regeln der reinen Vernunft fälle :-D

ich frage mich jetzt aber: Was genau soll mit der rhetorischen Frage von Fliege bewiesen werden? Dass jeder Mensch zumindest einen Restbestand magischen Denkens mit sich herumträgt? Dem stimme ich natürlich zu. Sein Brackwasser kaufe ich ihm trotzdem nicht ab.

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Re: Warum fallen Menschen auf den ganzen Esomist rein?

Beitrag von Arno » Freitag 4. November 2011, 23:05

Ich frag mich gerade ob ich meine Seele verkaufen würde und wenn ja, für wieviel.

In Flieges Aussage "Fluch wirkt! Segen eben auch!" verschweigt er die wesentliche Voraussetzung die gegeben sein muss, damit das wirklich so funktioniert: der "Empfänger" muss daran glauben.
Den Placebo-Effekt kennt jeder, dabei ist sein böser Zwilling - der Nocebo-Effekt - eigentlich viel interessanter weil man darüber noch fast nichts weiß. Es gibt gut belegte Fälle von Leuten die z.B. vom Medizinmann verflucht wurden, sich in der Gewissheit sterben zu müssen ins Bett legten und innerhalb kürzster Zeit verstarben. Oder das Beispiel vom Teilnehmer an einem Medikamententest, der sich mit seinem Wochen- oder Monatsvorrat Pillen suizidieren wollte, mit kaum noch messbaren Vitalfunktionen im Krankenhaus dem Tod nahe ist und als er erfährt das er nur in der Kontrollgruppe war (sich also Placebos eingeworfen hat) innerhalb von wenigen Minuten komplett gesundet.
Genau dieser Effekt macht macht manche pseudowissenschaftlichen (und insbesondere pseudomedizinischen) Vorstellungen so gefährlich (die böse Chemie in den Präparaten der bösen Schulmedizin, das böse Fluor in der Zahnpasta, Chemtrails...). Wer davon wirklich überzeugt ist, hat tatsächlich gute Chancen sich nach dem Zähneputzen mit normaler Zahnpasta unwohl zu fühlen oder Kopfschmerzen zu kriegen wenn mal wieder "gesprüht" wird.

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